Ob Heizung, Sanitärbereich, Elektrik oder andere Dienstleistungen, die in den handwerklichen Bereich fallen: nie zuvor waren so viele Stellen im Handwerk unbesetzt wie aktuell. Kunden müssen oft Monate an Wartezeiten einplanen, weil die übrigen Handwerksbetriebe personaltechnisch nicht mit den Aufträgen hinterherkommen. Doch woher kommt dieser Fachkräftemangel und wie kann ihm entgegengewirkt werden? Damit beschäftigt sich der nachfolgende Text.
Warum sind Handwerkerberufe so unattraktiv?
Sehr viele Unternehmen tun sich schwer, Mitarbeiter im Handwerk zu finden. Somit hat sich während der letzten Jahre eine Kluft von etwa 150.000 fehlenden Stellen aufgetan, die im Handwerk fehlen. Obwohl Notfälle wie Rohrbrüche und andere Notfälle schnell behoben werden, müssen Kunden bis zu 12 Wochen warten, wenn sie sich ein neues Dach legen lassen wollen. Dieser Mangel zieht sich nicht nur durch die Dachdeckerbranche. Auch Friseure, Bäcker, Elektriker und viele weitere mehr, leiden unter dieser Situation. Somit stellt sich selbstverständlich die Frage: was macht diese Berufe so vermeintlich unattraktiv?
Zu laut, dreckig, harte körperliche Arbeit, schlechter Verdienst und früher Beginn der Arbeitszeiten oder Überstunden schrecken sehr viele Jugendliche davon ab, eine Ausbildung im Handwerk zu beginnen. Andere Berufe, wie zum Beispiel im Büro oder der Logistik sind da weitaus beliebter, manche Jugendliche streben auch danach, Berufe wie „Influencer“ oder „Youtuber“ auszuüben und viel Geld „mühelos“ zu verdienen.
Falsche Erwartungen durch Eltern, Lehrer oder Freunde
Nicht nur Jugendliche selbst haben eine falsche Vorstellung vom Handwerk, sondern auch viele Eltern und Lehrer. Wenn das Kind gut genug ist, wird es oftmals dazu „gedrängt“ aufs Gymnasium zu gehen und dort das Abitur abzuschließen, was an sich kein Problem ist. Geht es dann aber an die Berufswahl, versuchen sehr viele Lehrer oder Eltern, Jugendlichen den Beruf des Handwerkers auszureden. Entweder, weil er körperlich sehr anstrengend sei oder die Jugendlichen nicht ihr „Potential“ verschwenden und stattdessen studieren sollten.
Überhaupt wird viel häufiger ein Studium als eine Ausbildung angestrebt, da auch der soziale Status eine Rolle spielt und auch von anderen Familienangehörigen oder Freunden infrage gestellt wird. Selbst, wenn Jugendliche doch den eigenen Wunsch haben, eine Ausbildung zu machen, intervenieren die Eltern oft und drängen auf eine akademische Laufbahn.
Auch Unternehmen sind in der Pflicht
Selbstverständlich müssen auch die Unternehmen selbst in die Pflicht genommen werden, wenn ein Wandel in dieser Fachkräftekrise erreicht werden soll. Häufig stellen Unternehmen überhöhte Erwartungen an die Bewerberinnen und Bewerber, obwohl „nur“ ein Hauptschulabschluss verlangt wird. Dennoch werden diejenigen ausgesiebt, die vielleicht in Mathe keine gute Note auf dem Zeugnis haben, aber dennoch für die Arbeit geeignet wären.
So konnten im vergangenen Jahr über 70.000 Bewerber keine Lehrstelle finden, obwohl etliche tausend Stellen unbesetzt sind, viele Unternehmen gehen schon neue Wege, um Auszubildende anzulocken, etwa mit einem eigenen Smartphone, der finanziellen Unterstützung beim Führerschein, Firmenwagen und etliches mehr. Dennoch sind viele Arbeitgeber „altmodisch“ und verharren in alten Mustern. Hier ist ein Umdenken von Unternehmen und Chefs gefragt, auch nach Bewerbern zu schauen, die „vermeintlich“ durchs Raster fallen, etwa wegen Zeugnisnoten oder schlechten Sprachkenntnissen.
Gesellschaft und Politik sind gefragt
Auch in der Gesellschaft müssen die klassische Ausbildung und der Handwerksberuf wieder einen höheren Stellenwert bekommen. Mit Kampagnen oder auch Anreize beim Mindestlohn, könnte auch die Politik etwas ändern, ebenso wie erleichterten Zugangsbedingungen geflüchteter Personen, die bereits einen Aufenthaltstitel besitzen. Auch an der tatsächlichen Gleichstellung von Mann und Frau in diesen Berufen hapert es, da es zum Teil keine getrennten Umkleiden oder Frauentoiletten gibt.
(Bildquelle: Pixabay.com – CC0 Public Domain)